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Die Rolle der Kommunikation wurde in der Krise nochmals gestärkt

Hans-Peter Nehmer, Leiter Unternehmenskommunikation und Corporate Responsibility bei Allianz Suisse, spricht im Interview mit dem EMC über das hohe Informationsbedürfnis im Unternehmen während der letzten Monate sowie über “Radio Allianz”, ein Podcast für Mitarbeitende des Unternehmens.

Interview: Marc Maurer, EMC Vorstandsmitglied


EMC: Wie haben Sie persönlich die Covid-19-Krise seit März erlebt und wie sind Sie damit umgegangen?

Hans-Peter Nehmer: Am Anfang konnte ich das Ganze noch nicht richtig einordnen, wie so viele. Die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus in Europa und anschliessend in der Schweiz ausbreitete und der Lockdown haben mich dann in ihrer Vehemenz ehrlich gesagt überrascht. Wir haben bei der Allianz den Krisenstab schon vor den einschneidenden Massnahmen des Bundesrats einberufen. Seitdem ging es darum, die vielen Informationen einzuordnen und dem hohen Informationsbedürfnis aller Stakeholder gerecht zu werden. Was dabei nicht vergessen werden darf: Es waren und sind bei den Menschen auch viele Emotionen wie Ängste und Existenzsorgen im Spiel. Auch diese müssen wir ernst nehmen und in unsere Kommunikationsarbeit einfliessen lassen.


Als Leiter Unternehmenskommunikation und Corporate Responsibility bei Allianz Suisse standen Sie und Ihr Team während der Covid-19-Pandemie sicherlich im Fokus des Unternehmens. Welche Strategie haben Sie in der Kommunikation verfolgt?

Das ist richtig, die Kommunikation war von Anfang an sehr stark gefordert. Denn angesichts der Tatsache, dass wir eine solche Situation noch nie erlebt haben, gab es zu Beginn mehr Fragen als Antworten - bei Mitarbeitenden, Kunden und Partnern. Hinzu kommt, wir haben von einem Tag auf den anderen praktisch die ganze Belegschaft im Innen- und Aussendienst ins Home-Office geschickt. Das Informationsbedürfnis war also an allen Fronten enorm hoch. Also haben wir im Kommunikationsteam die Ärmel hochgekrempelt und neue Kommunikationsformate geschaffen. Wie zum Beispiel das „Radio Allianz“, ein Podcast um Brücken zwischen Hauptsitz und Home-Office zu schlagen sowie regelmässige Updates aus dem Krisenstab. Da ging es vor allem um gesundheitliche oder arbeitsrechtliche Fragen, IT-Anleitungen oder HR-Tipps. Dazu haben wir eine eigene Plattform im Intranet geschaffen, auf der sämtliche Informationen zu finden sind, die auch laufend angepasst werden.


Die Unternehmenskommunikation und dabei insbesondere die Events haben in den letzten Monaten einen regelrechten Digitalisierungsschub erlebt. Wie hat sich das in Ihrer Kommunikation bemerkbar gemacht?

Das merken wir jeden Tag allein durch die Vielzahl von WebEx Sitzungen, an denen wir teilnehmen. Es ist schon erstaunlich, wie gut das Unternehmen mit der neuen Situation zurechtkommt. Der operative Betrieb und die servicenahen Einheiten agieren auf Vorkrisenniveau, die Kundenzufriedenheitswerte sind hoch. Das erleichtert natürlich einiges. Die Mitarbeitenden sind den Umgang mit Home Office und digitalen Tools nun gewohnt, sie fühlen sich gut unterstützt und informiert, wie eine aktuelle Umfrage gezeigt hat. Aus diesem Grund werden wir zum Beispiel unsere für den August geplante Mitarbeitendenveranstaltung ebenfalls virtuell durchführen. Gute Erfahrungen haben wir dabei schon bei ähnlichen Veranstaltungen für Führungskräfte machen können.


Haben Sie in der Krise neue Formate in der Kommunikation und den Events ausprobiert? Falls ja, welche haben sich bewährt und welche nicht?

Unser Podcast „Radio Allianz“ unter dem Titel „Hallo aus dem Home Office“ ist als verbindendes Element bei den Kolleginnen und Kollegen sehr gut angekommen und sie machen auch aktiv mit. Die Sendung ist zweiteilig konzipiert. Im ersten Teil fragen wir bei Fachexperten im Innen- und Aussendienst nach, was sich mit Ausbruch der Krise in ihrem Arbeitsbereich verändert und wie man darauf reagiert hat. Im zweiten Teil schalten wir zu Mitarbeitenden ins Home Office, sprechen mit ihnen über ihr Befinden und geben Tipps und Tricks, um die tägliche Arbeit zu erleichtern. Speziell für unsere Führungskräfte haben wir Online-Seminare und Videokonferenzen ins Leben gerufen sowie peer-to-peer Online-Coachings angeboten. Diese Formate haben sich sehr bewährt. Was Events anbelangt, ist Improvisationstalent angesagt. So wurde das beliebte Openair Allianz Cinema an die aktuelle Situation angepasst und wird nun als Autokino in 20 Orten in der ganzen Schweiz als Allianz Drive-In Cinema durchgeführt. Die Resonanz darauf ist überwältigend.



Ihrer Einschätzung nach: Wie hat sich die Unternehmenskommunikation durch Corona verändert und welche Massnahmen werden bestehen bleiben und welche nicht?

Grundsätzlich hatte die Kommunikation bereits vor Corona eine wichtige Rolle im Unternehmen. Diese wurde jetzt in der Krise nochmals gestärkt und konnte ihren Mehrwert unter Beweis stellen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Was mir persönlich in den letzten Wochen gefallen hat: Wir können so arbeiten, wie wir uns das im Idealfall vorstellen. Schneller Zugang zum Management, rasche Entscheidungen und Kommunikation auf Augenhöhe mit den Stakeholdern. Wir konnten unsere Position also stärken – daran gilt es jetzt nach der Krise in der neuen Normalität anzuknüpfen. Das, was gut funktioniert hat, weiter zu verfeinern. Und das, was weniger gut angekommen ist, zu hinterfragen.


Es ist zurzeit vielerorts die Rede von "The New Normal". Wie gehen Sie damit bei Allianz Suisse um und wie definieren Sie das für Ihr Unternehmen?

Das New Normal hatten wir in der Finanzbranche bereits vor über zehn Jahren nach der Finanzkrise. Das Thema ist für uns also nicht ganz neu. Jetzt stehen wir wieder vor der gleichen Fragestellung, jedoch in einer anderen Ausprägung. Wie arbeiten wir bei der Allianz Suisse zukünftig zusammen? Ist Home Office ein Zukunftsmodell? Diesen Fragen widmen wir uns zurzeit intensiv. Denn die Erfahrungen aus der Coronakrise werden sicherlich zu einer Flexibilisierung der Arbeitsmodelle führen. Wie das New Normal konkret aussehen wird, muss jedes Unternehmen für sich selbst definieren. Was sicher ist, ein Zurück zum Old Normal wird es nicht geben.


Zu guter Letzt habe ich noch folgende Frage an Sie: Welchen Tipp würden Sie unseren Mitgliedern aus der Event- und Kommunikationsbranche nach den Erfahrungen mit Covid-19 bezüglich Kommunikation mitgeben?

Grundsätzlich ist es unabdingbar, bereits im Vorfeld ein Konzept zur Krisenkommunikation zu haben – das schärft den Blick ungemein. Danach ist es wichtig die Kommunikation auf die aktuellen Geschehnisse auszurichten und rasch sowie transparent zu informieren. Gerade in Krisen wie COVID-19 muss man die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen und entsprechende Empathie zeigen. Und zu guter Letzt gehört der Kapitän an Bord, das heisst: Die Sichtbarkeit des Top Managements muss erhöht und das Thema Leadership stärker gewichtet werden. Wir haben zum Beispiel sehr gute Erfahrung mit unserem wöchentlichen CEO-Letter gemacht, der den Kolleginnen und Kollegen Sorgen nimmt und Zuversicht gibt.

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